Grüne stimmen gegen Kreishaushalt 2012

In der Haushaltsberatung am 12.12. hat die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen gegen den Haushaltsentwurf für den Kreis Paderborn votieret. In diesem Jahr hat Horst Schulze-Stieler die folgende Haushaltsrede für die Fraktion gehalten:

Meine Damen und Herren,

bei der Einbringung des Haushaltes hat der Landrat dargestellt unter welchen Prämissen der Plan stehen soll. An den Anfang hat er gestellt, dass der absolute Betrag der Kreisumlage den Ansatz von 2011 unterschreiten soll. Bekanntlich ist noch Luft in einigen Positionen und wenn auch der Ansatz für die Kreisumlagen zwischenzeitlich erhöht wurde, wird die Zielmarke doch unterschritten werden.

Solche erfreulichen Nachrichten, aber vor allem auch der aufgehellte Konjunkturhimmel in den vergangenen Monaten, haben immer mal wieder Pressemeldungen produziert wie z.B. „Sprudelnde Steuern verkleinern Löcher in öffentlichen Haushalten“.

 

Schön wär´s ja – die Wirklichkeit sieht leider anders aus.

 

Nach Berechnung des difu Instituts haben die deutschen Kommunen seit 2003 bei Vermögen und Infrastruktur nicht einmal die Ersatzinvestitionen aufgebracht, die zum Ausgleich der Abschreibungen erforderlich gewesen wären.

Städte und Gemeinden leben von der Substanz.

 

Dank des Konjunkturpaketes II ist dieser Prozess aufgehalten worden. Mit den gut 7 Mio. Euro für den Kreis Paderborn und allein 16 Mio. Euro für die Stadt Paderborn konnte an verschiedenen Stellen erheblicher Investitionsstau abgebaut werden.

Vielmehr als eine Vitaminspritze für den ernsthaft erkrankten kommunalen Patienten ist das leider nicht gewesen.

 

Ursache für die Misere ist die größer werdende Lücke zwischen kommunalen Einnahmen und den Kosten für die steigenden Belastungen. Die Reduzierung der Kreisumlage wird man deshalb auch nur als Tropfen auf den heißen Stein bezeichnen können.

 

Was die Einnahmeseite betrifft leiden die Gemeinden unter den teils erheblichen Verwerfungen bei der Gewerbesteuer. Diese Einnahme schwankt weit überproportional mit der Konjunktur. Schon ein geringes Abflachen des Wachstums führt zu einem regelrechten Einbruch bei der Gewerbesteuer.

 

Unter diesen Bedingungen ist eine antizyklische Finanzpolitik der Gemeinde natürlich eine absolute Illusion. Ohne nennenswerte Rücklagen kann keine Gemeinde in der Konjunkturflaute investieren, um für mehr Beschäftigung vor Ort beizutragen.

 

Die Reaktion auf das Problem ist bekannt und prägt die öffentliche Debatte mit der Diskussion um Kürzungen. In einigen Bundesländern, wie auch in NRW, sind Programme geschaffen worden, um die finanzschwächsten Kommunen zu unterstützen. So wichtig das für die betroffenen Kommunen sein mag, an dem strukturellen Grundproblem ändert sich dadurch nichts.

 

Öffentliche Aufgaben können nur erfüllt werden wenn ausreichende Finanzierung vorhanden ist. Wir brauchen einen neuen gesellschaftlichen Konsens über die Funktionsfähigkeit des Gemeinwesens und seiner Finanzierung. Daneben bedarf es einer Strukturreform der Gemeindefinanzierung mit dem Ziel der bedarfsgerechten Verteilung und einer Verstetigung der Einnahmen.

 

Solange hier keine Änderungen erzielt werden sind die großen Aufgabenbereiche kaum noch kommunal zu steuern und bleibt die Haushaltsberatung ein höchst unerfreuliches Geschäft, in dem jeder Euro dreimal umgedreht wird, ohne Licht am Ende des Tunnels zu sehen.

 

Zu den bestimmenden Faktoren des Haushaltes zählt die Landschaftsumlage. Der LWL wird 2011 vermutlich mit einem Defizit von ca. 130 Mio. Euro abschließen und deshalb notgedrungen die Landschaftsumlage erhöhen.

Trotz verbesserter Umlagegrundlagen ist der deutliche Anstieg bei den Kosten für die Eingliederungshilfe der Hauptgrund für das Defizit und damit für die Erhöhung der Landschaftsumlage.

 

– Eine älter werdende Gesellschaft

– zunehmende psychische Erkrankungen

– und steigende Zahlen bei den Menschen mit Behinderungen

 

sind nur einige Stichworte für die Kostensteigerungen beim LWL.

 

Es ist kaum zu erwarten, dass für diese Aufgaben und den damit verbundenen Kosten Entwarnung gegeben werden könnte. Kostensteigerungen sind wahrscheinlicher und damit auch eine stetig steigende Landschaftsumlage. In konjunkturell schwierigen Zeiten werden sich hier die Probleme weiter ausweiten und uns an den Rand der Handlungsfähigkeit bringen.

 

Weitere Einsparungen in den angesprochenen Bereichen wird der LWL kaum noch durchsetzen können will er nicht bewusst Mindeststandards unterschreiten.

Eine Entspannung wird hier vermutlich nur möglich sein, wenn der Bund sich an der Eingliederungshilfe beteiligt.

 

Üblicherweise bedankt man sich in dieser Rede bei den Personen, die den vorliegenden Haushalt erarbeitet haben. Das will ich natürlich auch gern tun, gleichwohl möchte aber auch noch einige Anmerkungen zum Zahlenwerk machen. Der Haushaltsplan weist in seiner Systematik leider immer noch Schwächen auf, die eine Analyse und die politische Steuerung erschweren.  Ansprechen will ich nur den Bereich der Kennzahlen und Ziele. Sie sollen der Planung, Steuerung und Erfolgskontrolle dienen. In einigen Produktbereichen sind wir davon leider noch meilenweit entfernt. Teilweise sind immer noch keine sinnvollen Ziele und Kennzahlen entwickelt oder vorhandene geben wenig Auskunft. So macht es wenig Sinn, wenn z.B. die Anzahl von Prüfungen nicht in einen Bezug zur Zahl der potentiell zu Prüfenden dargestellt wird.

 

Mit dem Antrag der FDP Fraktion zur Überarbeitung der Haushaltsstruktur erhält der Finanzausschuss einen Arbeitsauftrag für Verbesserungen, wir werden den Antrag deshalb unterstützen.

 

Wir beantragen, auf die Zahlung einer Verwaltungsgebühr für die Schulberatung zu verzichten. Bislang wird nach der kostenlosen Erstberatung für weitere Beratungsleistungen eine Verwaltungsgebühr von 75 Euro erhoben. Bei Ermäßigungen sind es immer noch 50 Euro, viel Geld für diesen Personenkreis und vermutlich für einige Betroffene Grund genug, auf eine erforderliche weitere Beratung zu verzichten.

Ich gehe davon aus, dass die Wichtigkeit der angebotenen Beratungen zumindest unter den Fachkollegen unumstritten ist. Die jährliche Einnahme von 5.500 Euro entspricht in etwa der Summe, die der Mehrheitsfraktion die Förderung von 5 Stipendien wert ist.

Die Unterstützung von Eltern und Kindern in besonders schwierigen Lebenslagen sollte uns die Summe ebenfalls wert sein.

 

Bei unserem Antrag für ein Sozialticket haben wir auf eine längere Begründung verzichtet. Wir haben bereits im Oktober 2008 beantragt, dass sich Kreis und NPH mit dieser Thematik beschäftigen sollen, um Lösungen zu finden. Der Antrag ist dann gefühlte Jahre zwischen Kreistag und NPH verschoben worden. Mit dem Hinweis auf fehlende Mittel ist er dann von der üblichen Mehrheit in dieser Sache abgelehnt worden.

Nach unserer Überzeugung fehlte es vor allem an der notwendigen Motivation, sich mit diesem Thema zu befassen und nach Konzepten zu suchen. Wie in solchen Fällen üblich, wird dann ein Projekt schlecht gerechnet, um es vom Tisch zu bekommen.

 

Mit der Förderungsmöglichkeit durch das Land besteht aktuell die Möglichkeit einer zusätzlichen Finanzierung. Aber auch mit Landesförderung soll sich offensichtlich im Kreis Paderborn nichts ändern. Die vorgestellten Modellrechnungen sollen verhindern, statt Wege zu finden.

Mit unserem Antrag schlagen wir einen Festbetrag für den Kreis vor. Abhängig von der Landesförderung wird sich der Preis für ein Sozialticket ergeben. Wir schon angekündigt, wird unser Antrag auch heute keine Mehrheit finden, ich kann aber versprechen, dass wir hier  keine Ruhe geben werden.

 

Beim Antrag der Linken zum Sozialticket bleibt der Kreisanteil variabel, die Zielsetzung ist aber gleich.

Was aber die Linke Fraktion bewogen hat, öffentlich darzustellen, wie schnell sie bereit ist, politische Grundsätze über Bord zu werfen, darf ruhig ihr Geheimnis bleiben. Aber dass man ohne Hoffnung auf Mehrheitsfindung in diesem Haus den Beschluss der Partei zum Eigenanteil beim Sozialticket bereit ist, zu verdoppeln, zeigt nur, dass man schon bei ruhiger See schnell bereit ist, die Segel zu streichen.

 

Erstaunt hat uns aber vor allem die Reaktion der SPD Fraktion zum Sozialticket.

Die Kollegen lehnen den Antrag ab, weil damit Kosten verbunden sind. Im Grundsatz natürlich eine völlig richtige Feststellung. Wenn man bei einem Sozialticket eine nennenswerte Reduzierung zum regulären Ticket haben will, dann braucht es nun mal eine Gegenfinanzierung.

Ein Sozialticket haben die Kollegen von der SPD ja selbst schon gefordert, über die Finanzierung scheinen sie sich bis zu unserem heutigen Antrag keine Gedanken gemacht zu haben.

 

Für mich ist es zudem völlig unpassend, wenn man beim Flughafen für jede Summe bereit ist, die Hand zu heben, sich bei den Mobilitätsbedürfnissen von finanziell Schwachen aber in der Rolle des Sparkommissars gefällt.

 

Dem Antrag von KIM auf Finanzierung einer Männerberatungsstelle können wir zustimmen. Wenn man die Verwaltungsvorlage liest, ist man vom Beschlussvorschlag doch einigermaßen überrascht. Der therapeutischen Arbeit mit Tätern wird grundsätzlich ein hoher Stellenwert eingeräumt.

 

Auch die Polizei würde aus ihren Erfahrungen mit häuslicher Gewalt ein Beratungsangebot vor Ort begrüßen. Therapeutische Arbeit mit Tätern ermöglicht hier vorbeugenden Opferschutz. Als kleiner Träger benötigt KIM finanzielle Unterstützung für eine Verstetigung des Angebotes, man kann deshalb dem Förderbegehren nur zustimmen.

 

Der Antrag der Diakonie zur Krebsberatung sollte auch nach unserer Auffassung weiter beraten werden. Ob das umfangreiche Beratungsangebot im Kreis für Betroffene eine sinnvolle Ergänzung im Angebot der Diakonie findet, kann meine Fraktion derzeit nicht abschließend beurteilen. Somit können wir auch der beantragten Förderung von ca. 28 tausend Euro und dem ergänzenden Antrag der SPD Fraktion für eine Vorfinanzierung nicht zustimmen.

Weshalb aber der Antrag, der im Mai eingegangen ist, nicht frühzeitig die dafür notwendige Beratung durchlaufen hat, ist bedauerlich und kritikwürdig.

 

Meine Damen und Herren,

aller Voraussicht nach wird das Klimaschutzkonzept des Kreises Paderborn heute verabschiedet. Die Beratungen dazu sind in einem weitgehend einvernehmlichen Prozess abgeschlossen worden und Änderungswünsche der Fraktionen wurden eingearbeitet.

Wir erhalten damit eine ausgezeichnete Datensammlung und Zielbeschreibungen, die auf Umsetzung warten. CDU und Grüne haben zusätzlich die Einstellung eines Klimaschutzmanagers beantragt. Wir gehen davon aus, dass dieser Stelle die notwendigen Mittel zur Arbeitsfähigkeit nicht vorenthalten werden. Sollten sich aus der Tätigkeit Projekte oder Aufgaben entwickeln, die einer eigenständigen Finanzierung bedürfen, dann sollte die Mittelbereitstellung die übliche parlamentarische Behandlung durchlaufen.

Damit die Arbeit aber nicht an irgendeiner Stelle an den Finanzen scheitert, kann die Einrichtung eines Klimaschutzfonds zusätzlich Sinn machen, wir werden deshalb den Antrag der SPD unterstützen.

 

Bei der Suche nach Einsparpotential kann vermutet werden, dass in der Haushaltsberatung der FDP das Produkt Natur und Landschaftspflege alle Energie aktiviert. Da die FDP Kollegen davon ausgehen, dass militärische Nutzung überhaupt der beste Schutz für Natur und Landschaft ist, kann man sich eigentlich nur wundern, dass allein die Wildkatze das Nachsehen haben sollten. Die Projektvorstellung zum Wildkatzenmonitoring im Umweltausschuss wie auch in den Medien ist für uns überzeugend gewesen und hat vor allem gezeigt, dass es sich schon in der Umsetzungsphase befindet.

Letzteres hat die FDP scheinbar bewogen, den Antrag zurück zu ziehen.

 

Der Antrag der FDP zur Fotovoltaik auf Schuldächern findet ebenfalls keine Unterstützung durch meine Fraktion. Das EEG ist nicht nur allein ein Instrument zur Markteinführung von neuen Techniken zur Erzeugung von erneuerbarer Energie, mit dem EEG soll natürlich auch eine breite Anwendung gefördert werden, um energiepolitische Ziele zu erreichen. Wenn das heute erfolgreich durch private Investoren geschieht, dann ist das nur zu begrüßen. Weshalb sich der Kreis aber hier nicht engagieren soll, ist nicht nachvollziehbar. Vermutlich benötigt man das Grundseminar „Privat vor Staat“, um solche Anträge verstehen zu können.

Die HH-Position hat zudem ihren Ursprung in einem begrüßenswerten Engagement von Schülern und ist für den Kreis rentierlich.

 

Dem Antrag für einen Haushaltsansatz zur Planung eines Radweges auf der Trasse der Almetalbahn können wir dagegen schon deshalb zustimmen, weil wir dies selbst schon vor einiger Zeit beantragt haben, damals leider erfolglos. Die Nutzung der Trassen sollte aus unserer Sicht aber als Ergänzung zum vorhandenen Radweg verstanden werden. Ohne die Sanierung von Brücken und anderen Bauwerken wird sich eine kostengünstige Lösung zur Attraktivitätssteigerung des Alme-Radweges bzw. der Kaiser-Route finden lassen.

 

Zustimmen werden wir auch dem FDP Antrag zu den RWE  Aktien. Dieses Problem wird die zukünftigen Haushalte im Guten oder Schlechten deutlich beeinflussen. Wie bei Informationen über Aktien üblich, wird man bei den beantragten Beratungen vermutlich erfahren, dass es so oder aber auch ganz anders kommen kann. Schaden kann die Information aber keinesfalls.

Zusätzlich sollte der Kämmerer vielleicht, wie in unserer Region üblich, Kerzen im Dom entzünden, ob es hilft, ist zwar auch unsicher, aber die Hoffnung findet zumindest Nahrung.

 

Abschließend noch einen Wunsch für das kommende Jahr.

 

Die Ereignisse der letzten Wochen haben uns vor Augen geführt, dass man das Thema Rechtsradikalismus sehr ernst nehmen muss. Es hat in der Vergangenheit wiederholt Versuche dieser Gruppierungen gegeben, sich in unserm Kreis eine  Basis zu schaffen. Inwieweit das gelungen ist kann ich nicht beurteilen und darin liegt für mich ein Problem. Es fehlt an Informationen. Der Kreis sollte deshalb in Zusammenarbeit mit der Polizei die Erkenntnisse über rechtsradikale Umtriebe kreisweit bündeln und zugänglich machen.

 

Darüber hinaus ist ja zu vermuten, dass der Landrat für diesen Bereich schon die verschiedensten Aktivitäten in der Planung hat.

 

Wie die Anträge meiner Fraktion heute keine Mehrheit finden, werden wir dem Haushalt nicht zustimmen.

 

Zum Jahresabschluss bedanke ich mich bei den Mitarbeiterinnen und den Mitarbeitern der Verwaltung für die geleistete Unterstützung über das Jahr.

 

Meine Damen und Herren,

ich will abschließend nicht verheimlichen, dass ich mich über die Art der Debatte zum Nationalpark Senne  geärgert habe.

Der Verteidigungsminister hat nun zwischenzeitlich sein Konzept zur Umstrukturierung der Bundeswehr bekannt gegeben. Erwartungsgemäß ist auch der Standort Augustdorf, wie viele andere Standorte auch, von einer deutlich Reduzierung betroffen.

Zudem hat die britische Regierung hat den Termin 2020 für ihren Abzug aus der Senne bestätigt.

Damit sind die Rahmenbedingungen gesetzt, wir brauchen deshalb für die Senne eine konkrete Debatte für die zukünftige Nutzung und nicht nur eine Verweigerungshaltung.

Meine guten Wünsche zum neuen Jahr für die Kolleginnen und Kollegen verbinde ich deshalb mit der Hoffnung auf neue Einsichten, auch wenn es aktuell auf Weihnachten und nicht auf Pfingsten zugeht.

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