Grüne und christliche Werte – Townhall mit Katrin Göring-Eckardt

Beim politischen Gespräch mit der grünen Bundestagsfraktionsvorsitzenden Katrin Göring-Eckardt ging es am Montagabend um die Wurst. Genaugenommen: Um die Thüringer Wurst. Mit oder ohne Majoran? „Es kommt darauf an“, sagte die gebürtige Thüringerin mit einem Lachen. Es blieb die einzige unbeantwortete Frage an diesem Abend im Café Röhren. Eineinhalb Stunden hatten die knapp 50 Gäste Zeit, den grünen Ehrengast mit Fragen zu bombardieren und viele nutzten ausgiebig die Gelegenheit, ihren Wissensdurst zu stillen.

Die heutige Bedeutung von Bündnis 90 in der grünen Partei, die Frage der christlichen Werte, die künftige Energieversorgung, die politische wieder interessierte Jugend und natürlich Klimawandel und Corona: Katrin Göring-Eckardt erwies sich bei den Fragen als aufmerksame Zuhörerin und spielte manches Mal den Ball an die Moderatorin Norika Creuzmann, die unter anderem zur Windenergie im Kreis Paderborn und zur Seebrücke Stellung bezog. Neben der Landratskandidatin hatte auch der grüne Bürgermeisterkandidat Klaus Schröder Gelegenheit, sich zum Thema „sichere Radwege“ zu positionieren.

Man hätte eine Stecknadel fallen hören können, als die Thüringerin von ihren politischen Anfängen beim Bündnis 90 berichtete. Die erstarkende Umweltbewegung in der DDR, die damalige Bürger- und Freiheitsbewegung und schließlich die Revolution benannte sie als die drei Wurzeln, die heute noch die Grünen mit Kraft versorgen. „Das sind konstituierende Erfahrungen in meiner Biografie. Darum stehe ich Veränderungen so offen gegenüber“, verriet sie ihr Credo.

„Schwarz, MünsterPaderborn: Wie siehst du das mit den christlichen Werten?“ wollte Norika Creuzmann zur Einleitung wissen. DIE christlichen Werte gebe es nicht, bekannte die frühere Vorsitzende der Synode der evangelischen Kirche in Deutschland. Sie irritiere, dass manche Partei „christliche Werte in Anspruch nimmt und gleichzeitig ausgrenzend ist“. Dass der evangelische Kirchentag beschloss, ein Seenotrettungsschiff zu entsenden und das nun endlich ausgelaufen ist – „DAS sind die christlichen Werte“. Den Paderborner Kommunalpolitikern schrieb sie ein Bibelzitat ins Stammbuch: „Suchet der Stadt Bestes“ (Jeremia 29:7) sieht sie große Schnittstellen von Kirche und Politik.

Die Maßnahmen gegen die Corona-Krise sind für Katrin Göring-Eckardt „kein Schönheitswettbewerb“, ging sie mit der CDU-geführten Landesregierung ins Gericht. Dass NRW als letztes Land die Mittel für die Digitalisierung der Schulen beantragt hat, anstatt grade den Schülern als allererstes zu helfen, machte sie fassungslos. Bundeseinheitlich müsse man deutlich Partei ergreifen. „Ich weiß nie, welchen Armin Laschet ich vor mir habe“, berichtete sie von Begegnungen mit dem NRW-Ministerpräsident, „das nervt“. Weniger Verunsicherung würde gegen manche Demonstration helfen.

Die Klimakrise sei das viel größere Problem, betonte die 54-Jährige. „Wer wirtschaftlich erfolgreich sein will, muss sich für die Bewältigung der Klimakrise einsetzen“. Dazu gehört das Nein zu fossilen Energien: „Eine Innenstadt ohne Autos, in denen es nicht laut ist und es viel Grün gibt, sind ein totaler Gewinn“.

Karin Göring-Eckardt widersprach der Frage, ob die Jugend politisch desinteressiert sei. Im Gegenteil würde sich die Jugend bei Friday for Future, in Gewerkschaften, Verbänden und dem Ehrenamt engagieren. „Und das zeigt uns, wo wir als ältere Generation versagt haben“.

„Was die Nazi-Partei nicht vertragen kann, ist Humor“, wurde sie zum Thema AfD deutlich. Unflätige Zwischenrufe und „Hetze, Hetze, Hetze“ stünden neben einer regelrechten Arbeitsverweigerung der AfD-Abgeordneten in den Gremien des Bundestags. „Es ist alles entscheidend, dass wir unsere Werte nicht infrage stellen. Ich werde mir nie von Höcke und den AfD-Nazis das Wort oder das Thema verbieten lassen“, sagte die Bundestagsabgeordnete in aufbrandenden Applaus.

Die Zukunft werde Gewinner und Verlierer haben und darum sei der soziale Zusammenhalt überaus wichtig, ging Katrin Göring-Eckardt in die Schlussrunde der Diskussion. „Ihr werdet dass hier reißen“, machte sie den Paderborner Wahlkämpfern Mut.

Und die Thüringer Wurst? Bleibt ein Geheimrezept. Nur so viel: Es gehört auch Kümmel hinein, verriet der Gast.