Klartext vom NRW-Vorsitzenden Tim Achtermeyer – Großer Andrang beim Grünen NeujahrsAuftakt

„Ohne uns Grüne wird es keine Modernisierung unseres Landes geben“: Es waren klare Worte, die der NRW-Landesvorsitzender Tim Achtermeyer (Foto) beim Neujahrsempfang des Kreisverbandes von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN sprach. Der Andrang war groß, Stühle mussten zusätzlich gestellt werden. Bei der fast zweistündigen Veranstaltung gab es Gänsehautmomente und zum Schluss noch eine überraschende Besuchsankündigung.

Bevor sich Achtermeyer viel Zeit nahm, etliche Fragen zu beantworten, beschwor die grüne Landtagsabgeordnete Norika Creuzmann den Zusammenhalt: „Ein Register im Zusammenhang mit psychisch Kranken – hatten wir schon. Ausreiselisten – hatten wir schon“, warnte sie vor populistischen Vorschlägen mit Blick auf die historischen Bezüge. „Wir müssen mehr zusammenrücken, denn mit Hoffnung, Mut und Zuversicht können wir jede Herausforderung meistern“.

Peter Altenbernd, Paderborner Bundestagskandidat der Grünen, schlug in die gleiche Kerbe: Mehr parteiübergreifende Gemeinsamkeit und weniger Miesepetrigkeit lautet sein Credo. „In Dänemark gab es 2014 einen Konsens für ein Heizungsgesetz. Bei uns gibt es einen Kulturkampf“, nannte er Beispiele. Und in Polen gibt es eine Allianz der Anständigen, „die im Wettstreit der besten Ideen die Probleme löst“.

Für gleich mehrere Gänsehautmomente sorgte der renommierte syrische Pianist Aeham Ahmad. Er vermischte Klänge seiner Heimat mit dem deutschen Volkslied mit dem Text von Hoffmann von Fallersleben „Die Gedanken sind frei“, zu dem alle Zuhörer*innen spontan einstimmten ¬– und er wiederholte diesen Moment zum Abschluss zu den Klängen der Europa-Hymne „Freude, schöner Götterfunke“.
„In mir sträubt sich alles bei der Diskussion über Waffensysteme für die Ukraine. Mein Ansporn sind Friede und Freiheit für die Menschen“, so Tim Achtermeyer in seiner kurzen Ansprache. Putin habe den Krieg nicht begonnen, weil die NATO zu nah an sein Territorium gekommen ist, „Putin hat ihn begonnen, weil die Demokratie zu nah an sein Territorium gekommen ist“. Die große Gefahr für Deutschland ist nicht die AfD, sondern die Abstumpfung. Darum ist für ihn jede Demonstration gegen Rechts auch eine Motivation gegen die Abstumpfung gegenüber immer radikaleren Forderungen. Die Androhung des Entzugs der Staatsbürgerschaft für Menschen mit migrantischen Wurzeln bedeutet ein Staatsbürgerrecht erster und zweiter Klasse. Zwei Strafmaßnahmen für dieselbe Tat: Strafgesetzbuch oder Abschiebung. „Das treibt einen Spaltkeil in unsere Gesellschaft“, machte der Landesvorsitzende deutlich.

Achtermeyer stellte sich anschließend einem breiten Spektrum an Fragen. Sichtlich betroffen machte ihn der Hinweis, dass das Paderborner Eisenbahn-Ausbesserungswerk von DB Cargo wirtschaftlich stark bedroht ist. Achtermeyer machte ein Gesprächsangebot. Norika Creuzmann will sich des Themas in Düsseldorf annehmen und den Verkehrsminister Oliver Krischer nach Paderborn holen.

Einen wunden Punkt berührte eine Vertreterin des NABU: Sie monierte die fehlende Hilfe von den Spitzen aus Düsseldorf beim Bürgerbegehrung für einen Nationalpark Egge und mahnte die bedrohliche Situation für die Biodiverisität und Artenschutz nach vorne zu stellen. „Klima- und Naturschutz sind kein Gegensatz“, betonte Achtermeyer, „wir arbeiten an beiden Krisen gleichzeitig“. Es gebe so viel Erneuerbare Energie wie nie, gleichzeitig ist der Naturschutzetat so hoch wie nie. Die Biodiversitätskrise sei in der Öffentlichkeit nicht angekommen. „Für die CDU ist Naturschutz ein nice-to-have, aber das ist falsch!“.

Der Landesvorsitzende der Grüne positionierte sich auch klar für mehr Verteilungsgerechtigkeit, eine Milliardärssteuer sowie das Einbeziehen hoher Kapitalerträge für zur Stabilisierung des Gesundheits- und Pflegesystems. „Das reichste Prozent der Haushalte dürfte rund ein Drittel des Gesamtvermögens besitzen, die müssen herangezogen werden, natürlich nicht Busfahrer und Krankenpflegerinnen“.

Auch eine Grundschülerin meldete sich zu Wort. und Sie beklagte den Zustand ihrer Schultoiletten. Tim Achtermeyer dankte besonders für diesen Beitrag und machte deutlich: „Das muss uns Erwachsenen mehr peinlich sein, dass wir unseren Kindern Schulen in solchem Zustand zumuten.“ Umso notwendiger ist eine Reform der Schuldenbremse, um die dringend notwendigen Investitionen in Infrastruktur und Bildung möglich zu machen. „Man kann nicht zufrieden sein, wie unser Land aufgestellt ist. Darum müssen wir versuchen, das Land zu verbessern“, schloss Achtermeyer.

Die beiden Kreisvorsitzenden Anne Birkelbach und Hartmut Oster sowie die Paderborner Stadtsprecher Catharina Scherhans und Armin Struckmeier führten durch den Neujahrsempfang. Oster überraschte zum Schluss mit einem besonderen Wahlkampftermin: Annalena Baerbock wird am Freitag, 7, Februar, um 13 Uhr zu einer politischen Mittagspause in Paderborn sein.