Thesen zum Atomstreit aus der Ideenwerkstatt Klimaschutz

Am 05.03.2013 projizierten Aktivisten der Grohnde-Kampagne einen Riss an die Reaktorkuppel des AKW Grohnde.

Nach dem zweiten Stresstest haben die Debatten und Diskussionen um die Laufzeiten der drei AKW’s erst so richtig begonnen. Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, hat vorgeschlagen, die AKWs Isar 2 (bei Landshut) und Neckarwestheim 2 (bei Heilbronn) bis April 2023 als Notreserve im Kaltbetrieb zu lassen. Das dritte AKW im Emsland wird wie bei Atomausstieg vereinbart zum Jahresende abgeschaltet.

Bei Stresstest wurde die Versorgungssicherheit für den Winter 2022/23 geprüft. Das Ergebnis: Strommangel gilt als sehr unwahrscheinlich, kann aber nicht komplett ausgeschlossen werden. Klar, die (üblich verdächtigen) Befürworter der Atomkraft fordern ein Weiterlaufen.

Logischerweise lösen die Vorschläge von Robert Habeck auch bei uns Grünen Diskussionen aus. Das Thema wühlt die Grünen auf, die sich als Anti-Atom-Partei verstehen. Die grünen Diskussionen werden kontrovers und transparent geführt. Bereits mehrere Anträge sind für die Bundesdelegiertenkonferenz, vom 14. bis 16. Oktober in Bonn, eingereicht worden: Etwa „Atomkraft Nein Danke“ (K-10), „Am Atomausstieg festhalten – keine Laufzeitverlängerung und auch kein Streckbetrieb“ (K-9) oder „Atomkraft – nicht schon wieder!“ (K-17). Die Frist für Dringlichkeitsanträge endet am 30. September, Punkt 23:59 Uhr.

Im Kreisverband diskutieren wir die Frage auch intensiv und schon länger. Die „Ideenwerkstatt Klimaschutz“ hat zum Atomstreit ein Thesenpapier (vor der Veröffentlichung der Ergebnisse des Stresstestes) entwickelt. Wir werden die Frage sicher auch bei der Mitgliederversammlung am 27. September aufrufen.

 

Thesenpapier der Klimawerkstatt

Zusammenfassung

“Voraussetzung für alle Denkmodelle ist ein Bestehen des Stresstests 2 (der aktuelle). Nur wenn dort auf „Grün“ geschaltet wird, kann über den Streckbetrieb diskutiert werden. Eine Laufzeitverlängerung über das Ende des Streckbetriebes hinaus wird aber kategorisch abgelehnt”.

“Vor allem aber lenkt die Diskussion um die Atomkraft von dem ab, was dem Klima wirklich helfen würde: Ein konsequenter Umstieg auf Erneuerbare Energien in weit höherem Tempo als bisher und viel größere Anstrengungen für Energieeffizienz und Energiesparen. Regenerative Energien sind der Schlüssel für qualitatives Wachstum und sichern damit unsere Volkswirtschaft.”

 

               

Für Argumente für den Streckbetrieb
                               

Politisch / Technische Abhängigkeiten:

Aufgrund der derzeitigen europaweiten Dürre und Trockenheit kommt es in vielen Staaten der EU zu Engpässen. Kühlprobleme nicht nur bei AKW`s (auch Kohle und Gas).

  • Österreich: Dürre führt zu Problemen bei der Stromerzeugung durch Wasserkraft
  • Schweiz: Dürre führt zu Problemen bei der Stromerzeugung durch Wasserkraft
  • Frankreich: Diverse Probleme bei der Stromerzeugung in AKW`s. Ursache sind                          Materialmängel sowie die langanhaltende Dürre und Hitzewelle; dadurch Kühlprobleme der AKW; Überhitzung der Flüsse (Sondergenehmigung in Frankreich erteilt)
  • Norwegen: Probleme mit der Stromerzeugung bei Wasserkraftwerken Problem: zu wenig Regen

Durch die oben genannten Themen wurde und wird im Moment viel Strom von Deutschland aus in die Nachbarländer exportiert. Hier wird auch dann aktiv Solidarität eingefordert (Frankreich). Das dazu dann für die Stromerzeugung auch Gas verwendet wurde, dass eigentlich eingespeichert werden sollte, ist eine Ironie der Umstände und der Tatsache geschuldet, in Europa bisher immer noch viel zu wenig in erneuerbare Energien investiert zu haben. Auch in Deutschland sind wir von einer zukunftsfähigen, sicheren und dezentralen Energieversorgung noch meilenweit entfernt. Dazu kommt, dass im europäischen Verbundnetz von Portugal bis in die Ukraine übergreifende Netze geschaltet sind, die ausgewogene Erzeugung und Abnahme als Bedingung für das Funktionieren und die Stabilität voraussetzen. Mehr Informationen unter diesem Link.

Jede Kilowattstunde kann zählen
Auch wenn die AKW zusammen nur 12% des Energiemixes ausmachen, kann eine Strommangellage nicht ausgeschlossen werden. Niemand kann Glaskugel lesen und die Wetterbedingungen für das kommende Halbjahr voraussagen.

Zuheizen
 Auch hier besteht leider die reale Gefahr der Überlastung der Netze mit den dann folgenden Problemen. Viele Menschen haben sich, aus welchen Gründen auch immer, mit Heizlüftern, Infrarotheizungen, Notstromversorgungen und mehr eingedeckt.

Dunkelflaute (sogenannte)
Niemand kann solche Szenarien ausschließen. Das Thema ist leider eine reale Gefahr und kann auch im heutigen Stromsystem nicht komplett ausgeschlossen werden. Da mit diesen Themen öffentlich „gespielt“ wird (ZDF-WISO zum Thema Blackout), sollte man einer Schuldzuweisung im Falle des Eintreffens nach dem Motto „ihr habt ja auch die AKW abgeschaltet“, keinen Vorschub leisten.

Stromautobahnen
Die Fertigstellung liegt weiter hinter Plan zurück. Laut Aussage von Amprion sind von den bei Amprion geplanten 3000 km gerade einmal 1000 km fertig gestellt worden.
Diese Karte zeigt den heutigen Stand.

Dezentrale Energie – Netze
Erneuerbare Energien entfalten ihre wahre Stärke in vernetzten, dezentralen Energienetzen und verringern die Gefahren von Stromknappheit oder Blackouts drastisch. Diese Netze haben wir Stand heute nicht, viele ordnungspolitische Vorgaben blockieren hier noch.

 

Argumente für Abschaltung

Grundsatz
Wieder einmal fällt ein grünes Grundsatzthema den Umständen zum Opfer

Atomkraft hilft nicht dem Klima
Frankreich macht deutlich: Die Atomkraft ist nicht zukunftsfest, gerade auch angesichts zunehmender Hitzewellen und Dürren. Und sie ist im Vergleich zu
den Erneuerbaren Energien viel zu teuer.

Sicherheitsrisiken
Physikalisch; müssen durch den aktuellen Stresstest ausgeräumt werden
Cyberattacken; wir befinden uns im (Wirtschafts) – Krieg. Cyberattaken finden täglich statt und können auch AKW gefährden (gilt aber generell für die Energiewirtschaft)

Weiterbetrieb  
darf nicht dafür genutzt werden, um die Atomkraft durch die Hintertür wieder einzuführen. Auf keinen Fall neue Brennelemente ordern!

Gaseinsparung durch Weiterbetrieb
Der Gasverbrauch sinkt nur um ca.1% bei Weiterbetrieb der AKW                                          

Ein Hinweis dazu:

12% des verbrauchten Gases werden für die Stromerzeugung genutzt, AKW können die Funktion des Gases im Stromsektor aber nicht ersetzen, Gaskraftwerke dienen zum Abfangen von Spitzenlasten und erzeugen gleichzeitig Wärme (Fernwärme / Prozesswärme). AKW sind Grundlastkraftwerke, die helfen in einem Markt von Erneuerbaren daher kaum oder nicht. Vielmehr verhindern AKW durch ihre inflexible Grundlast die Erneuerbaren. Stehende Windräder sind auch eine Folge von Netzauslastungs- und Speicherthemen.”


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