„Verlässlich und verantwortungsvoll“ – Haushaltsrede 2025 von Catharina Scherhans für die grüne Ratsfraktion Paderborn

Sonnenblume vor einem rötlichen Himmel versehen mit dem Claim „Verlässlich und verantwortungsvoll“.

Porträt der grünen Ratsfrau Catharina Scherhans.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,

wir leben in einer Zeit, die Verlässlichkeit und einen verantwortungsvollen Blick in die Zukunft braucht, um hier vor Ort unsere Stadt zu gestalten. Das ist die Verantwortung der Ratsmitglieder der demokratischen Parteien: Verlässlichkeit, Verantwortungsübernahme und damit Zuversicht zu stärken, um Verunsicherungen entgegenzuwirken. Für mich, für die grüne Ratsfraktion, ist das Richtschnur. Deshalb stehen wir heute hier und werden diesem Haushalt zustimmen.

Die CDU hat im Sommer mit dem Bruch der Koalition fahrlässig Stabilität aufgegeben. Es war nicht immer einfach in der Koalition, aber sie war in unseren Augen aus Verantwortung wichtig. Und es war möglich miteinander zu sprechen und Kompromisse zu finden. Ohne Not ist diese Verlässlichkeit aufgekündigt worden. Es bringt diese Stadt nicht weiter, wenn rückwärtsgewandt gemeinsam Beschlossenes abgewickelt wird. Das erhöht die Politikverdrossenheit und die Bürgerinnen und Bürger stellen sich zu Recht die Frage – wie soll es nach der nächsten Wahl weitergehen?

Bis kurz vor Weihnachten haben die CDU und der Bürgermeister keine Anstrengungen unternommen, eine Mehrheit für den Haushalt zu organisieren. Sie haben den Haushaltsbeschluss vor die Wand fahren lassen. Die Initiative für die Verabschiedung eines Haushalts für unsere Stadt hat ein breites demokratisches Bündnis ergriffen. Wir haben es in die Hand genommen und ein Paket geschnürt, Verhandlungsangebote gemacht, den Weg gesucht Kompromisse zu finden, die für eine breite Mehrheit gangbar sind.

Deutlich geworden ist: „CDU PUR“ funktioniert nicht und bildet auch nicht die von den Bürgerinnen und Bürgern gewählten Mehrheitsverhältnisse ab. Wir aber haben hier, alle mitein­ander die Verantwortung, diese Mehrheiten abzubilden – miteinander zu sprechen.

Wir haben mitgestaltet, haben es möglich gemacht, einen Haushalt zu verabschieden. Ohne, DIE Zukunftsaufgabe zu gefährden, unsere Stadt klimagerecht aufzustellen. Ohne, dass Familien überproportional belastet werden. Uns ist es gelungen, dass der Weg zur Schule kostenlos bleibt. Nur wir haben Schulsozialarbeit und Jugendzentren auch in schwieriger Haushaltslage im Blick. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass der Medienetat der Stadtbibliothek nun wieder auf ein zumindest verantwortbares Niveau angehoben wird. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass das Stadtmuseum und die Musikschule wieder eine Leitung bekommen. Viele Bürgerinnen und Bürger haben sich geäußert und sehr deutlich gemacht, dass eine Musikschulleitung nicht obsolet ist. Diese Verunsicherung und diese Sorgen hätte man den Menschen ersparen könne.

INSGESAMT ist dies sicherlich kein Wunschhaushalt, aber er ist ein guter Kompromiss in entscheidenden Zukunftsfragen. Unsere Stadt wird Lebens- und liebenswert bleiben, wird vor allem zukunftsfest sein, wenn wir mit klarem Kompass auf besonders zwei Herausforderungen hier vor Ort reagieren.

ERSTENS: Paderborn muss ein Ort sein, an dem Menschen und damit auch Fachkräfte und ihre Familien gerne leben und arbeiten. Weil Fachkräfte fehlen! Die bisher als „weich“ bezeichneten Standortfaktoren sind mittlerweile „knallhart“. Sie machen den Unterschied, weil Menschen dort wohnen möchten, wo: sie eine aufblühende Umwelt, attraktive Kulturangebote und eine gute Bildungslandschaft finden.

Paderborn, dieser Standort muss für die Wirtschaft attraktiv bleiben und weiterentwickelt werden! Heute reichen niedrige Gewerbesteuern und eine gute Verkehrsanbindung längst nicht mehr aus. In Zukunft werden Unternehmen insbesondere ein großes Problem mit fehlenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben. Wir müssen deshalb gezielt in Lebensqualität investieren, in gute Schulen, attraktive Stadträume in eine Kultur, die junge Unternehmen und Start-ups anzieht. Wer hier nicht klar Kurs hält und hier gezielt investiert, gefährdet den Wirtschaftsstandort Paderborn. Kultur ist nicht die überflüssige Kirsche auf der Sahnetorte, sondern wertet einen Standort auf. Sie ist auch Anziehungspunkt und Gamechanger bei Standortentscheidungen von Start-ups, Unternehmen und Menschen, die in diesen arbeiten.

ZWEITENS: Die Stadt muss lebenswert bleiben, die Klimakrise macht keine Pause. Es ist unsere Verantwortung, unsere Stadt auf die Folgen vorzubereiten, mit zum Beispiel Hitzeschutz. Es ist unsere Verantwortung den Klimawandel zu begrenzen.

Wir sind hier von Natur aus reich beschenkt, mit dieser Lage an „über zweihundert“ Quellen zwischen Egge und Senne – wir sind verantwortlich, dies nach vorne zu stellen: Wir brauchen Platz (keinen Parkplatz). Wir brauchen gemütliche Sitzmöglichkeiten. Wir brauchen Schatten. Wir haben zweihundert Quellen, aber keinen einzigen Trinkwasserbrunnen.

Der ursprüngliche Haushaltsplanentwurf war auch deshalb für uns GRÜNE nicht zustimmungsfähig, weil die sechs vorgesehenen Stellenstreichungen im Klimaschutzteam einen Einstieg in den Ausstieg vom Klimapfad darstellten. Dieser Stellenplan war eine Abkehr von der Verantwortung, unsere Stadt klima- und zukunftsfest zu machen. Da stand der Kompass auf Vergangenheit. Zumindest drei Streichungen werden zurückgenommen. Das ist ein Kompromiss, auf den man sich gemeinsam einigen konnte. Hier haben wir mitgestaltet, weil es geboten ist, mit einer tragfähigen Konzeption die Bewältigung von notwendigen Zukunftsaufgaben zu ermöglichen.

By the way: Umgesetzte Klimaschutzmaßnahmen sind nicht nur gesundheitsförderlich, sondern entlasten auch die Stadtkasse, weil Energie gespart werden kann. Unsere Stadt wird attraktiv bleiben und attraktiver werden, wenn wir konsequent darauf hinarbeiten, mit einer Vision, die uns auch von anderen Orten abhebt. Gerade jetzt braucht es einen Haushalt, der die Kraft hat, die Zukunft zu beschreiben.

„Bewahrung der Schöpfung“: Das darf man nicht nur in schöne Überschriften packen. Das muss man tun! Das scheint auch hier in den vergangenen Monaten vergessen worden zu sein. Dabei sind Wetter-Jahrhundertkatastrophen inzwischen Monatsereignisse geworden. Wir müssen alles tun, um Mensch und Natur nach Kräften zu stärken und zu schützen. Debatten um Trinkwasserbrunnen und zuletzt die Baumschutzsatzung lassen daran zweifeln.

Wichtig für Paderborn ist: Wir haben mit dem Zukunftsquartier eine unglaubliche Chance, Paderborn ambitioniert und visionär weiterzuentwickeln. Von zentraler Bedeutung ist, dass nun eine Gesellschaft gegründet werden soll, die in der Lage ist, mit Verlässlichkeit und Standhaftigkeit das Zukunftsquartier dem Masterplan entsprechend zu entwickeln.

Der Haushalt sieht vor, für knapp 16 Millionen Euro Grundstücke zu veräußern. 2023 gelangen gerade mal Verkäufe für 900.000 Euro. Diese Diskrepanz lässt uns aufhorchen und zumindest die Sorge aufkommen, dass entgegen den Planungen, schnell Geld reinkommen soll – anstatt eines echten Zukunftsquartiers. Außerdem ist völlig unklar, wie solche Verkäufe personell abgewickelt werden sollen, wenn die zuständigen Stellen jetzt schon nicht nachkommen. Wir haben die Verantwortung unseren Standort visionär als Anziehungsort weiterzuentwickeln.

Wichtig ist hier festzuhalten: Wir teilen die Einschätzung des Kämmerers nicht, dass die vorgesehene Deckelung der Personalkosten ab 2026 zielführend ist. Das ist Fiktion. Man kann so Personalkostenerhöhungen nicht auffangen, denn das hieße: jede Tariferhöhung führt zu Stellenabbau! Das hieße: Wir nehmen uns jede Gestaltungsmöglichkeit. Wie zusätzlich notwendige Kitagruppen, die es Menschen ermöglichen, arbeiten zu gehen. Das hieße, dass die enormen zusätzlichen Personalbedarfe durch den OGS-Rechtsanspruch nicht umgesetzt werden können.

ABER: Wir müssen die Ganztagsschule hinbekommen, wir brauchen noch mehr Schul­sozialarbeit. Wir brauchen mehr qualitativ hochwertige soziale Infrastruktur. Und zwar, gut ausgestattet, damit nicht jedes vierte Kind die Schule mit schwächelnden Rechen- und Leseleistungen verlässt. Nur so kann man dringend benötigte Fachkräfte mobilisieren. Wir müssen präventiv handeln. Das ist am Ende auch billiger.

Eingangs sagte ich: Verantwortung der Ratsvertreterinnen und Ratsvertreter der demokratischen Parteien ist: Zuversicht zu stärken. Das ist umso wichtiger angesichts der sprunghaft angestiegenen Verunsicherung in so vielen Bereichen. Ein Ansteigen von antidemokratischen Kräften, eine Spaltung der Gesellschaft, spaltende Narrative. Begriffe wie „Remigration“ vergiften den gesellschaftlichen Diskurs, diskreditieren die Integrationskraft unserer Stadt und schrecken dringend benötigte Fachkräfte ab, nach Deutschland zu kommen. Wir erleben es auch lokal: Wenn Stimmung gemacht wird, wenn die Statements politischer Gegner pauschal als „ideologisch“ abgetan werden, anstatt sich inhaltlich auseinanderzusetzen. Vielen Menschen macht dieser Umgang miteinander Sorgen. Zu Recht gehen viele für Demokratie und Zusammenhalt auf die Straße.

FAZIT: Wir GRÜNE stehen für eine Politik, die faktenbasiert, zukunftsorientiert und menschenfreundlich ist. Paderborn ist es Wert, dass wir zusammenrücken und uns den großen Herausforderungen stellen. Dafür braucht es klare Antworten und entschlossene Politik.

Am Ende geht es um die Menschen: Um unser Zusammenleben – friedlich, ohne Polemik, sich zuhörend, vertrauensbildend. Um das Wohlergehen aller – um Bildung und Wohnen, Gesundheit und Hitzevorsorge. Und um ein Angebot an die Menschen: Hier lebt es sich gut. Wir GRÜNE gestalten weiter mit: verlässlich und verantwortungsvoll.


Catharina Scherhans
Mitglied der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Paderborn, den 6. März 2025